Für Inga.

(LobgesINGAng)

 

 

Sie weiß, was zu tun ist.

Sie tut es dann auch.

Kein Zögern

Kein Knausen

Kein Hauch..

..von Schwermut von Trägheit von Geiz oder Grant

voller Werte, viel Gefühl, den Spatz in der Hand.

 

Sie zeigt wie robust

Sanftheit

auf Denken

auf Klugheit

treffen kann.

Sie steht ihren Mann.

 

Sie weiß Freundschaft zu leben.

Sie lebt sie dann auch.

Kein Zögern

kein Knausen

immer ein Hauch

von Sonne von Frische von Fülle und Melodie

voller Inbrunst, viel Liebe, die Praxis als Theorie.

 

Sie pflanzt auf ihrem Weg

Ideen

und Größe

und offene Türen.

Soviel sie nur kann.

 

Happy Birthday!

 

 

 

 

 

 

Pantoffel. Für Alla. 

 

 

Es gibt ein Bild von van Gogh, da sind Schuhe drauf. Bauernschuhe. Nicht, dass ein paar derbe, ausgetretene Bauernschuhe an dieser Stelle erwähnenswert wären. Sie dienen nur zu einer Überleitung. Und es gibt einen Aufsatz von Heidegger, in dem spricht er über van Goghs Bauernschuhe. Da geht es um allerhand Dinge, die hier zu weit führen würden.

 

Heidegger sagt:

„Ein paar Bauernschuhe und nichts weiter. Und dennoch.

Aus der dunklen Öffnung des ausgetretenen Inwendigen des Schuhwerks starrt die Mühsal der Arbeitsschritte. In der derbgediegenen Schwere des Schuhwerks ist aufgestaut die Zähigkeit des langsamen Ganges durch die weithin gestreckten und immer gleichen Furchen des Ackers, über dem ein rauher Wind steht. Auf dem Leder liegt die Feuchte und Satte des Bodens. Unter den Sohlen schiebt sich hin die Einsamkeit des Feldweges durch den sinkenden Abend.“ So spricht Heidegger (und noch viel mehr). Und dann sagt er:

„Aber all dieses sehen wir vielleicht nur dem Schuhzeug im Bilde van Goghs an. Die Bäuerin dagegen trägt einfach die Schuhe“, sagt er. Stellt sie weg und zieht sie wieder an ohne ihnen eine philosophische Abhandlung zu widmen, sage ich.

 

Nun gibt es ein Bild, nicht von van Gogh, sondern in meinem Kopf, da sind auch Schuhe drauf. Hausschuhe. Pantoffeln. Sagen wir, Pantoffeln, die aussehen, als ob sie auch schon „weithin gestreckte Ackerfurchen im rauhen Wind überwinden mussten“. Mussten sie aber gar nicht. Weniger Kilometer als van Goghs Bauernschuhe haben sie wahrscheinlich trotzdem nicht zurückgelegt. Ja es sind geradezu Sieben-Meilen-Pantoffeln, diese Hausschuhe auf dem Bild in meinem Kopf. Siebenmeilenpantoffeln mit integriertem Belüftungssystem im Bereich der großen Zehen. Also kurz: Ausgelatschte, löchrige Hausschuhe, die jeder vernünftige Orthopäde auf die Abschussliste setzen würde, ganz oben hin. Aber sie sind etwas Besonderes, diese Hausschuhe. Wenn ich sie genauer betrachte, sehe ich viel mehr in ihnen, als Heidegger und sein Orthopäde, falls er einen hatte, zusammen. Zum Beispiel sehe ich in ihnen einen Backofen. Nicht etwa einen mit Umluft, integriert in eine Einbauküche. Nein, einen Backofen ohne Schnickschnack, den man auf ein "Hockerl" stellt, das man in den geometrischen Mittelpunkt eines Zimmers stellt, und in dessen Inneres Kuchenformen in einem sehr bestimmten Winkel drapiert werden müssen, um Kuchen aus ihnen herauszubekommen. Dann duftet es. Seit gefühlten 81 Jahren.

In den besagten Hausschuhen sehe ich außerdem einen Gegenstand, dessen Bezeichnung ich mir unsicher bin. Es ist eine dekonstruierende Vorrichtung, ein Kampfgerät, ja... eine Waffe! Aus Unwissen (ich habe nur einen Balkon) möchte ich es Unkrautstecher nennen, wobei mir auch die "Stuchtel" nahegelegt wurde. Das Bild der Siebenmeilenpantoffeln bringt mich also auch noch auf einen Unkrautstecher, den ich Zeit meines Lebens zwischen Kieselsteinen nach dem Feind spitzen sah. Keiner hat ein schöneres Unkrautstecherscharren im Ohr als ich.

Und noch mehr. Die Hausschuhe verbinde ich nicht nur mit metallenen Gerätschaften, sondern beispielsweise auch mit einer ganz bestimmten Bewegung eines Paares ganz bestimmter Hände ganz bestimmter Temperatur und immer nach Handcreme duftend, wegen der Schrunden. Die Bewegung, die diese Hände ausführen hat eine Bezeichung, derer ich mir zwar sicher bin, ganz im Gegensatz zum Unkrautstecher, die meines Wissens aber noch keinen Eingang in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch gefunden hat. Sie nennt sich "Schutzi". Sie ist eine Segnung.

 

Neben Backofen, Stuchtel und Schutzi verbinde ich die Hausschuhe außerdem noch mit wechselnd braun-beige-grün gemusterten Kopftüchern, mit dem Geräusch eines sich öffnenden Badfensters in einem oberen Stockwerk, mit Eukalyptus-Bonbons, mit einem Bett der Form einer Badewanne, mit Radiogedudel, das nie währt, wenn man den Raum betritt, mit Hollersafttrinken neben dem Teppich (wegen dem Umschütten), mit Sonnenliegen und Hasenauslaufvorrichtungen, mit einem herzlichen Lachen und ehrlichen Tränen, mit Verlässlichkeit und Bedingungslosigkeit und Liebe.

 

Heidegger würde vielleicht sagen: „Aber all dieses sehen wir vielleicht nur dem Schuhzeug in diesem Bilde an. Die Pantoffel-Besitzerin dagegen trägt einfach die Pantoffeln.“, würde er sagen.

 

Ich sage: Wenn die wüsste in welcher Bedeutung sie tagtäglich ihre Wege zurücklegt!





fast gleich tot. Für Niko, den Krankentransportler.


Noch zwanzig Minuten, dann bist du tot. Das sagt man mir. Wie ich da liege und noch in die Mongolei reisen will sagt man mir das. Man sagt das in andere Worte verpackt, aber man sagt es mir. Der Krankentransportwagen muss mich noch nach Hause transportieren, denn die Behandlung wurde hiermit aus Gründen der Erfolglosigkeit abgebrochen. Die Problematik für die Krankentransportler liegt darin, dass es theoretisch untersagt ist im Krankentransportwagen zu sterben. Noch zwanzig Minuten, circa zwanzig Minuten, das ist das Problem. Der Nachhauseweg ist weiter, als zwanzig Minuten dauern, somit bin ich dabei einen Gesetzesbruch zu begehen indem ich in zwanzig Minuten tot werde. In Absprache der Krankentransportler mit allen möglichen Verantwortlichen werden keine wirksamen Reanimierungsmaßnahmen durchgeführt werden, nur solche, die die Übrigbleibenden ihrer gefühlten Verantwortung enthebeln. Abgesehen von den Reanimierungsmaßnahmen, die nichts bringen, ist man aber auf meiner Seite. Die Krankentransportler sind sich einig, den Gesetzesbruch mit mir gemeinsam begehen zu wollen. Das tun sie, indem sie in meinem Todesmoment nicht auf dem Seitenstreifen halten und keinen Leichenwagen rufen. Sie nehmen es auf sich, den Krankentransportwagen von Grund auf und vollständig zu reinigen, denn ab meinem Todesmoment bin ich eine Leiche und eine Leiche darf von einem Krankentransportwagen aus hygienischen Gründen nicht transportiert werden. Die Krankentransportler verbünden sich zwanzig Minuten bevor ich tot bin, für den Moment ab dem ich tot bin, mit mir. Sie verbünden sich und trotzen meinem voraussichtlichen unhygienischen Sein als Leiche. Ich habe Angst und bin sehr wehmütig. Ich nehme den Krankentransportlern das Versprechen ab, für mich in die Mongolei zu reisen. Sicherlich transportieren auch Flugzeuge aus hygienischen oder unhygienischen Gründen Leichen nicht. Es macht mir nichts aus, das keiner der Krankentransportler jemals in die Mongolei reisen wird. Es kommt lediglich darauf an, dass jetzt, dann, wenn ich tot bin, ein anderer an meiner Stelle und mit Bezug auf mich bevor ich tot war, ans in-die-Mongolei-Reisen denken wird. Ich bin mir selbst dankbar, dass ich den Krankentransportlern dieses Versprechen abgenommen habe. Jetzt bin ich gleich tot. Gleich. Jetzt.